Transparenz und Mitbestimmung

Wer nun was entscheidet, ist in der Satzung geregelt. Die Regelungen der Satzung basieren einerseits auf den gesetzlichen Vorgaben des Genossenschaftsgesetzes und andererseits auf der Ausgestaltung dieses Rahmens durch die Mitglieder der Genossenschaft selbst. Die innere Ausgestaltung einer Genossenschaft orientiert sich stark an der Rechtsform des Vereins. Höchstes Organ einer Genossenschaft ist die Generalversammlung (Mitgliederversammlung). Mindestens einmal im Jahr – i.d.R. aber häufiger – finden Generalversammlungen (Mitgliederversammlungen) statt. Sie beschließen über die Grundsätze der Geschäftspolitik und alle zentralen Gegenstände, z.B. den Kauf eines Grundstücks, die Beauftragung eines Architekturbüros und die von Bauunternehmen zur Errichtung eines Hauses. Zur Erledigung von Alltagsaufgaben wählen die Mitglieder einen Vorstand, zur Unterstützung und zur Kontrolle des Vorstandes einen Aufsichtsrat. In den Vorstand und den Aufsichtsrat können nur Mitglieder gewählt werden. Üblicherweise hat jedes Mitglied eine Stimme, unabhängig davon, wie viel Geschäftsanteile es gezeichnet hat. Dies unterscheidet sich von Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung), wo üblicherweise nach Kapitalanteilen abgestimmt wird.

Was muss ich in eine Wohnungsgenossenschaft einzahlen?

Damit die Genossenschaft wirtschaftlich tätig werden kann, z.B. das Grundstück kaufen und Bauunternehmen beauftragen kann, muss jedes Mitglied der Genossenschaft einen oder mehrere Geschäftsanteile einzahlen. Wie viele Anteile erforderlich sind, hängt von den Gesamt-kosten (v.a. Grundstück, Planungsleistungen des Architekten, Baukosten) des Projektes ab.

Dieser Geschäftsanteil ist eine Einlage, d.h. wenn ein Mitglied der Genossenschaft aus seiner Wohnung auszieht, erhält es den Geschäftsanteil in voller Höhe zurück, sofern die Genossenschaft zwischenzeitlich keinen Verlust gemacht hat. Wer aus einer Wohnung auszieht und aus der Genossenschaft austritt, erhält sämtliche Anteile zurück, allerdings muss er eine mehrjährige Wartezeit akzeptieren (übrigens nicht für die Wohnung, hier gilt das Mietrecht !). Aber: Häufig ist es jedoch so, dass das neue Genossenschaftsmitglied, das in die Wohnung einzieht, den Geschäftsanteil sofort einzahlt und das ausscheidende Mitglied dann seine Geschäftsanteile auch sofort zurückerhalten kann.

Die Anzahl der einzuzahlenden Geschäftsanteile hängt vom Finanzierungskonzept ab, das die neuen Bewohner und Bewohnerinnen gemeinsam beschließen. Die Untergrenze der einzuzahlenden Geschäftsanteile wird dabei von den Eigenkapitalanforderungen der finanzierenden Bank vorgegeben. Grundsätzlich gilt: Je mehr Geschäftsanteile eingezahlt werden, desto geringer kann der Darlehnsbetrag sein, der aufgenommen werden muss und desto geringer kann das Nutzungsentgelt (Miete) sein.

Die Summe aller Geschäftsanteile einschließlich der angesparten Rücklagen bilden das Eigenkapital einer Genossenschaft; bei einer neugegründeten Genossenschaft sind es lediglich die Geschäftsanteile. Mit dem Eigenkapital, staatlichen Förderdarlehen, wie z.B. von der KfW oder aus der öffentlichen Wohnungsbauförderung (für Sozialwohnungen) und Kapitalmarktdarlehen einer Geschäftsbank werden der Kauf eines Grundstückes und der Bau von Wohnungen finanziert. Ein Abfluss von Gewinnen, wie es bei kommerziellen Wohnungsunternehmen i.d.R. der Fall ist, findet nicht statt.

Haftung

Eine Genossenschaft ist von ihrem Wesen her eine Rechtsform mit beschränkter Haftung. Im Falle einer Insolvenz haftet sie mit ihrem gesamten Vermögen. Und damit haftet sie auch mit den gezeichneten Geschäftsanteilen (und einer sog. Nachschusspflicht, sofern sie in der Satzung vereinbart ist) ihrer Mitglieder. Eine Haftung darüber hinaus, z.B. mit dem Privatvermögen der Mitglieder, gibt es nicht.

Gründungsgutachten und Prüfungsverband

Bevor eine neu gegründete Genossenschaft ihre volle Rechtsfähigkeit erlangt, durchläuft sie eine Gründungsprüfung. Neben der Satzung wird insbesondere das Bauvorhaben umfassend geprüft. Erst wenn ein genossenschaftlicher Prüfungsverband das Vorhaben für gut befunden hat, wird die Genossenschaft in das Genossenschaftsregister eingetragen. Damit die finanziellen Verhältnisse in einer Genossenschaft in Ordnung bleiben, wird jede Genossenschaft alle zwei Jahre umfangreich durch einen Prüfungsverband geprüft. Dadurch besteht eine unabhängige Kontrolle der gesamten Finanzen und die Genossenschaft erhält wirtschaftliche Stabilität.

Nutzungsvertrag und Nutzungsentgelt

Wer in eine Genossenschaftswohnung zieht, schließt keinen herkömmlichen Mietvertrag, sondern einen Dauernutzungsvertrag mit der Genossenschaft ab. Dieser Nutzungsvertrag basiert rechtlich auf den mietrechtlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches. In diesem Nutzungsvertrag sind sämtliche Rechte und Pflichten des Nutzers/ der Nutzerin festgelegt, z.B. in Bezug auf die Höhe des Nutzungsentgeltes, auf die Höhe der Nebenkosten, auf die Benutzung der Wohnung, auf Untervermietung, etc. Aber es sind auch die Pflichten des Vermieters, der Wohnungsgenossenschaft, festgelegt.

Im Nutzungsentgelt enthalten sind neben Zins und Tilgung aller Darlehen auch Rücklagen für spätere Instandsetzungen, alle Verwaltungskosten (einschließlich der Kosten für den genossenschaftlichen Prüfungsverband) und eine (kleine) Rücklage zur Abdeckung des Mietausfallrisikos, z.B. bei umzugsbedingtem Leerstand einer Wohnung. Zusätzlich zum Nutzungsentgelt muss der Nutzer/ die Nutzerin die Nebenkosten bezahlen, die für den Gebrauch der Wohnung anfallen. Die Höhe der Nebenkosten muss die Wohnungsgenossenschaft – wie jeder Vermieter auch – dem Nutzer/ der Nutzerin nachweisen.



Wolfgang Kiehle
Kiehle-Beratung: Wohnen

Dortmund